Von vorne anzufangen erfordert Mut.
Ich habe mir nie überlegt, ob ich mutig bin, oder gross darüber nachgedacht. Wenn ich die Geschichte hinter Sanni Shoo erzähle, höre ich aber immer wieder „Das war aber mutig“. So eben auch im Text zu meinem Interview für die neue Ausgabe der „Alles für die Frau“ (auf unserer Medienseite oder unter diesem Beitrag). Vielen Dank, liebe Marlene Baumbach, für das angenehme Gespräch für „alles für die Frau“. Ihre Sub-Headline hat mich zu ein paar Gedanken über „Mut“ inspiriert:
Der Grund warum ich nie darüber nachgedacht hatte, ist vermutlich, dass ich (zu Beginn) völlig davon überzeugt war, dass die Welt auf neuartige Problemlöser wie meine gewartet hat. Darum fand ich es auch nicht mutig, von meinem gesamten Ersparten teure Werkzeuge und eine erste Serie von 24.000 Stück neuartiger Schuh-Abtropfer produzieren zu lassen. Und gleichzeitig keinen einzigen Handelskunden zu haben oder zu kennen.
Heute bin ich – wieder – davon überzeugt, dass Nische eine Chance ist. Warum wieder? Zwischendrin – ganz ehrlich –hat sich mein Mut auch oft ganz gut versteckt. Ich bin froh, ihn immer wieder gefunden zu haben, und gekämpft zu haben, denn heute ist Sanni Shoo erfolgreich. Besonders drei „Mut-Verstecke“ möchte ich auf meinem Weg mit Sanni Shoo erwähnen. Ein Weg, auf dem ich nicht nur thematisch neu angefangen habe (weil es fernab von meinem bisherigem Karrierepfad war), sondern obendrein noch Produkte „in die Welt setzte“, die keiner kannte.
1) Solange Du keinen Erfolg vorweisen kannst, ist Dein Umfeld (und da nehme ich meine Familie aus) skeptisch und Ansagen wie: „wenn jemand das bräuchte, dann gäbe es das doch schon längst“ gehören ebenso zum Repertoire der „Mutmacher“ von aussen wie „Das ist doch Neuland für Dich – da hast Du doch null Chance“. Auch wenn man nach aussen Argumente hat, innen nagt es.
2) Ich war (getragen von der Überzeugung für meine Produkte) davon ausgegangen, dass gerade Neuheit ein USP ist. Das ist vielleicht so, wenn man z.B. gleich zu Beginn Chancen in den Medien bekommt oder wahrnimmt. Faktum ist: Neues wird eher skeptisch betrachtet. Meinem ersten „Wunschkunden“ bot ich freudestrahlend an, er könne der erste sein, der mein Produkt verkauft. Heute weiss ich, dass viele grosse Handelskunden lieber kaufen, wenn „die anderen“ es schon haben, bzw. gut verkaufen. Risiko-Affinität habe ich selten im Einkauf angetroffen. Hypothese: Mut ist vielleicht keine Wunsch-Qualität in Konzernen?
3) Das dritte Mut-Hemmnis war wohl die Konsequenz aus den beiden ersten: Das Durchhaltevermögen musste viel stärker sein, als ich das geplant (oder gehofft hatte). Die erste Messe mit Fokus auf Neukunden? Mehr Durststrecke als Umsatzdecke. Die zweite? Schon besser. Es ging immer bergauf. Jede Messe bedeutete neue Kontakte. Begegnungen, deren Wert man manchmal erst nach Monaten schätzen lernt, und nie hätte voraussagen oder „planen“ können.
Auf Social Media entdecke ich fast täglich „viel einfachere Wege“, wie man „in no time“ ein florierendes Unternehmen aufbauen kann. Mit „5 einfachen Tricks“, die man (wiederum online und um einen Fixpreis) lernen kann, um dann in kürzester Zeit ein schönes Vermögen aufzubauen. Und das auch noch von überall. Zum Beispiel von einer tropischen Insel aus, stressfrei, und mit wenig Zeiteinsatz in kürzester Zeit tausende zahlungskräftige Kunden gewinnen.
Das kann ich leider nicht bestätigen, und habe auch keine „5 einfachen Tricks“ anzubieten, die das ersetzen könnten, was es für mich brauchte, nachdem ich voll des Mutes losgestartet war: Durchhalten, dranbleiben, neue Wege probieren, auch mal den Kurs ändern wenn nötig, und dabei immer wieder den Mut suchen. Manchmal hat er sich auch nur kurz versteckt. Und ihn wieder zu finden, wird reich belohnt: mit organischem Wachstum und einer Freiheit, die ich nie mehr missen möchte.
Und meine Hoffnung ist, dass ich – auch ohne Aussicht auf 6 Monate tropischer Insel – ganz vielen Unternehmer/innen Mut machen kann, ihren ganz eigenen mutigen Weg zu gehen, und dann durchzuhalten.