Auf Sex folgt Nachhaltigkeit

Posted by on Mrz 22, 2019 in Sannis Leben | No Comments

Sex sells ist out.

Nachhaltigkeit sells? Wenn man der Werbung glaubt, muss es wohl so sein: Marken und Produkte werben gross und lautstark mit Slogans wie:

  • Let’s save this planet together.
  • Für eine bessere Zukunft.
  • Ökologisch, umweltfreundlich, nachhaltig etc.

Mehr muss ich nicht aufzählen, wir kennen alle die „Nachhaltigkeits-Werbesprüche“. Von der günstigen aber nachhaltigen Jeans bei Lidl (wie auch immer das funktionieren soll) bis zur Zahnbürste aus Bambusholz. Auch an den Messen springen einen die „weltrettenden Produkte“ förmlich an.

Dass Nachhaltigkeit und Umweltschutz (lebens-)wichtige Themen sind, liegt auf der Hand. Alleine wenn ich das Wetter beobachte, braucht es keine grossen Studien, um zu verstehen, dass wir handeln müssen.

Nur – ganz ehrlich: Die Millionen von stylischen Trinkflaschen, die „den Planeten zu einem besseren Ort machen“ sind doch nichts wert, solange die Konsumenten (gleichzeitig) Pet-Flaschen kaufen und danach in den nächsten Abfallkübel werfen. Und das tun vermutlich genau jene „Convenience-Konsumenten“, die auch die nachhaltigen Metallflaschen in verschiedenen Farben besitzen. Schliesslich muss das Ding ja auch zum Outfit passen.  Genau jene, die Aufbewahrungsdosen aus Kunststoff verdammen, und welche aus nachwachsenden Materialien super cool finden.

Ein weiteres Lifestyle Thema: Kaffee- und Teetassen „to go“. Also entweder ich bin nie zur richtigen Zeit im richtigen Café, oder mir gehen die Leute immer durch die Lappen, die mit diesen aus dem Starbucks laufen: Ich habe noch nie jemanden mit einer dieser Tassen aus einem Café gehen sehen.

Aufbewahrung und Kochgeschirr aus nachwachsenden Materialien boomt. Sei es aus Bambus, anderen Hölzern, Zuckerrohr oder anderer Stärke. Nur: 90% dieser Materialien kommen aus Asien oder Südamerika, wir karren also diese nachwachsenden Wundermaterialien über 10.000e km mit Flugzeugen, Schiffen oder Lastwägen daher, nur um damit unser Gewissen zu beruhigen, wenn wir die nächste in Plastikfolie gepresste Gurke kaufen. Serviert wird sie dann in der Bambus-Bowl – thanks god!

Wegwerfgeschirr aus asiatischen Blättern, Strohhalme aus Bambus  – kaum etwas von diesen „innovativen nachhaltigen Dingen“ kommt aus Europa. Aus Europa kommt höchstens der schicke und PS-starke SUV, mit dem alles nach Hause gekarrt wird.

Ich sehe, dass die „neue Generation“ Nachhaltigkeit schon viel ernster nimmt, als viele aus „meiner“ Generation. Und nein, damit meine ich nicht unbedingt (nur) die Schulstreiks am Freitag. Mein Neffe Fabian will kein Auto mehr. Konsequent. Damit er nicht mal mehr in die Versuchung gerät, sich an die „vermeintliche Bequemlichkeit“ des Autos zu gewöhnen. Es gibt heute genügend Alternativem, jedenfalls wenn man (wie er) in Wien wohnt.

Reden über „Konsum-Ethik“ kann bisweilen skurril werden: An der  Messe „Ambiente“ kam ein Kunde zu mir an den Stand, und beschwerte sich, weil ein Produkt (www.drip-line.com) einen Silikonanteil habe. Auf meine Frage, in welche Richtung seine Bedenken gingen, meinte er, dass das ja verwerflich sei wegen der Brustimplantate. Mit allem hätte ich gerechnet, nur damit nicht!

Aber im Ernst: Natürlich überlege ich bei jedem Produkt, ob man es nachhaltiger machen könnte. Aber Schuhabtropfmatten (www.shoopad.com) aus Altpapier oder Karton erfüllen einfach den Zweck nicht, und alle meine Materialien sind sammelbar/wieder einschmelzbar, und man kann sie mindestens ein halbes Leben nutzen, wirft sie also nicht weg. Und überhaupt steht immer der Nutzen und die Funktion im Vordergrund.

Viel wichtiger jedoch sind die kleinen Dinge, die jeder jeden Tag tun kann, und so habe ich meinen Neffen Fabian gebeten, diesen Text zu lesen, um danach mit ihm KONKRET 3 Dinge zu vereinbaren, die wir (beide) ab morgen anders oder bewusster machen können. Und das ganz ohne zusätzliches Lifestyle-Produkt. Hier unsere Übereinkunft:

  • Kein Plastik wo immer wir eine Wahl haben (und die haben wir zu 80 bis 90%)
  • Wenn möglich so oft wie möglich ohne Auto (gilt für mich, für ihn schon lange)
  • Er will mehr gebrauchte Kleider kaufen, ich bis zum Winter keine mehr (finde ich fair, weil ich wachse nicht mehr, also jedenfalls nicht in die Länge ;o).

In diesem Sinne lieber Fabian: jetzt ist es schriftlich, und ich verspreche auch, in meinen weiteren Produktionen fair und nachhaltig zu produzieren, nur werben werde ich vermutlich nicht damit – aber dafür gibt es ja genügend andere…